Bei dieser Methode wird die Reise von Pflanzen um die Welt nachvollziehbar. Die Geschichte der Kartoffel und wie sie nach Europa kam dient dabei als anschauliches Beispiel. Der Schulgarten bietet sich für die Methode als anregender Lernort an.
Ablauf:
- Einführung:
Zunächst wird mit den Kindern besprochen, dass die Pflanzen, die heute bei uns in der Natur oder auf unseren Feldern bzw. in unseren Gärten wachsen, nicht alle immer schon heimisch waren. Im Laufe der Jahrhunderte und Jahrtausende kam es kontinuierlich zu Veränderung und Verschiebungen in der Flora, bedingt durch natürliche Ursachen wie das Klima, in jüngerer Vergangenheit zunehmend auch bedingt durch den Menschen.
Die Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus im Jahr 1492 gilt als Stichjahr für die Trennung in alteingesessene Pflanzen und in neu zugewanderte Pflanzen, die Neophyten. Viele Pflanzen, die sich erst nach dem 15. Jahrhundert in Mitteleuropa etabliert haben, sind inzwischen ein wichtiger Bestandteil der heimischen Flora und somit eine Bereicherung der Artenvielfalt geworden.
Die Hälfte der pflanzlichen Zuwanderer ist mit Absicht vom Menschen übersiedelt worden. Viele kamen als Zierpflanzen auf unseren Kontinent, weitere kamen als Nutzpflanzen für die Land- oder Forstwirtschaft dazu. Die andere Hälfte ist als blinder Passagier zu uns gekommen: Über den Transport (z.B. Samen in Reifen-Profilen), Personen- und Warenverkehr sowie als Saatgut- oder Vogelfutter-“Begleiter“.
Weiteres s. Hintergrundinformationen, Poster: Pflanzen aus fernen Ländern und Infoblatt: Neophyten
- Geschichte vorlesen
Vor langer, langer Zeit, als die Menschen in Europa noch nicht wussten, was eine Kartoffel war, lebte in einem fernen Land namens Peru eine ganz besondere Pflanze. Diese Pflanze war die Kartoffel. Die Menschen dort nannten sie „Papa“ und wussten schon seit vielen Jahren, dass sie köstlich schmeckte und viele Menschen satt machen konnte. Doch die Kartoffel wusste nicht, dass sie eine lange Reise vor sich hatte – eine Reise, die sie weit über das Meer hinweg führen sollte.
Eines Tages legten große Schiffe in den Häfen von Peru an. Die Matrosen an Bord dieser Schiffe waren Abenteurer und Entdecker aus einem Land weit, weit weg – aus Spanien. Diese Entdecker waren auf der Suche nach neuen Schätzen und Wundern, die sie in ihre Heimat bringen konnten. Gold, Silber und Edelsteine waren das, wonach sie suchten. Doch eines Tages entdeckten sie etwas, das sie nicht erwartet hatten.
„Schau dir diese Knollen an!“ rief ein Matrose, als er die Felder der Einheimischen sah. „Was könnte das nur sein?“ fragte er neugierig. Die Menschen in Peru lachten und sagten: „Das ist Papa, eine Pflanze, die uns seit vielen, vielen Jahren ernährt.“
Die Spanier waren fasziniert und probierten die seltsame Knolle. Sie fanden sie zwar etwas ungewöhnlich, doch sie merkten schnell, dass die Kartoffel sehr nahrhaft und einfach anzubauen war. Also entschieden sie sich, ein paar Kartoffeln mit auf ihre Schiffe zu nehmen, um sie zurück nach Europa zu bringen.
Die Kartoffel war neugierig und voller Aufregung. „Wo werde ich wohl hinkommen? Was wird mein neues Zuhause sein?“ dachte sie bei sich, als die Spanier sie auf ihr großes Schiff luden.
Die Reise über das Meer war lang und abenteuerlich. Die Kartoffel sah wilde Stürme und riesige Wellen, hörte die Matrosen singen und von ihrer Heimat träumen. Schließlich, nach vielen Wochen, erreichte das Schiff die Küste Spaniens.
In Spanien angekommen, wussten die Menschen zunächst nicht, was sie mit dieser fremden Pflanze anfangen sollten. Einige versuchten, die Kartoffel zu essen, ohne sie vorher zu kochen, und fanden sie ziemlich seltsam. Andere dachten sogar, sie sei giftig. Doch nach und nach lernten die Menschen, wie man die Kartoffel richtig zubereitet, und erkannten, dass sie ein wahres Geschenk war.
Die Kartoffel wurde bald in vielen Ländern Europas angebaut. Sie wuchs in großen, weiten Feldern in Spanien, Italien, Deutschland und sogar in den kalten Ländern wie Irland. Die Menschen waren begeistert von ihr, denn sie war robust, einfach zu pflanzen und machte alle satt.
Mit der Zeit wurde die Kartoffel zu einem der wichtigsten Nahrungsmittel in ganz Europa. Sie half den Menschen, durch harte Winter zu kommen, und wurde in unzähligen köstlichen Gerichten verwendet.
Und so wurde die Kartoffel, die einst nur in den fernen Bergen Perus lebte, zu einem Liebling der ganzen Welt. Sie hatte eine lange Reise hinter sich, aber sie war glücklich, überall willkommen zu sein und vielen Menschen Freude zu bringen.
Und wenn du das nächste Mal eine Kartoffel auf deinem Teller siehst, kannst du daran denken, wie sie einst als kleine, mutige Pflanze über das große Meer gereist ist, um auch bei uns in Europa zu wachsen.
- Nachbesprechung
Abschließend kann gemeinsam mit den Kindern überlegt werden:
- Welche Gerichte mit Kartoffeln kennst du?
- Welches Kartoffelgericht isst du besonders gerne?
Kompetenzorientierte Lernziele:
- Den Schülerinnen und Schüler ist bewusst, dass es kontinuierlich zu Veränderungen in der heimischen Flora kommt
- Sie kennen den Reiseweg der Kartoffel
- Ihnen ist die Bedeutung der Kartoffel für die Ernährung der Menschen bewusst
Weiterführende Ideen
Siehe auch: Neophyten kennenlernen
Siehe auch: Neophyten: Wo kommen welche Pflanzen her?
Siehe auch: Neophyten: Memo-Spiel
Hintergrundinformationen:
NEOPHYTEN: Pflanzen aus fernen Ländern –
ist das GUT oder muss das WEG?
Die Verbreitung von Pflanzenarten – Ein historischer Überblick
Natürliche Ausbreitungsbewegungen von Pflanzen sind Voraussetzung für die Besiedlung von neuen Flächen und tragen zur ökologischen Vielfalt bei. Dreiviertel der in Österreich vorkommenden Pflanzenarten sind einheimisch, also natürlich vorkommend. Ein Viertel wurde durch den Einfluss des Menschen eingeführt und hat sich mittlerweile als fester Bestandteil unserer Flora etabliert. Mitteleuropa ist relativ artenarm, da die Alpen eine natürliche Barriere für die Wiederbesiedlung nach der Eiszeit darstellt – die vom Menschen beeinflusste Zuwanderung neuer Arten stellt somit eine Bereicherung der Artenvielfalt dar.
Früher war die Pflanzenwelt ganz anders verteilt, als sie sich heute präsentiert. Als der Urkontinent Pangaea vor etwa 300-150 Millionen Jahren eine zusammenhängende Landmasse darstellte, war die Wanderung der Pflanzen viel einfacher. Sie bedienten sich den gleichen Ausbreitungsmechanismen wie heute, doch blieb ihnen damals die Reise über Meere und Ozeane erspart.
Durch die kontinentale Drift (Kontinentalverschiebung) entstanden im Laufe der Zeit Laurasia und schließlich Gondwana. Die Landmassen Laurasias blieben für längere Zeit zusammen, wodurch sich die recht ähnliche Pflanzenwelt Nordamerikas und Europas erklären lässt.
Durch die schrittweise Fortsetzung der Bewegungen der Kontinentalplatten entstand allmählich die Welt, wie wir sie heute kennen. Da tektonische Platten auch heute noch wandern, verändert sich die kontinentale Ausstattung der Welt stetig weiter. Die grundlegenden Ausbreitungsmechanismen von Pflanzen sind:
- Zoochorie, Ausbreitung durch Tiere
- Anemochorie, die Ausbreitung durch Wind
- Hydrochorie, die Ausbreitung durch Wasser
- Autochorie, die Selbstausbreitung
- Hemerochorie, die Ausbreitung durch den Menschen
- Polychorie, mehrere der oben genannten Mechanismen wirken gemeinsam
Im Laufe der Erdgeschichte gab es immer wieder Eiszeitalter, in denen sich Kalt- und Warmzeiten abwechselten. Auch heute befinden wir uns in einem Eiszeitalter - unter anderem daran erkennbar, dass unsere Pole vergletschert sind. Innerhalb dieses Eiszeitalters erleben wir aktuell eine Warmzeit, in der die Kontinente nicht unter dicken Eisschichten verborgen liegen. Während der letzten Kaltzeit rückten die Eismassen bis zu uns ins Alpenvorland vor und nur die Gipfel der höchsten Berge ragten aus diesen unvorstellbaren Eisschichten hervor.
Der Vorstoß und Rückzug des Eises hatte auch starken Einfluss auf die Wanderbewegung und Verbreitung von Tier- und Pflanzenarten, die vor der Kälte in südlichere Gefilde, beziehungsweise nach oben in die Bergregionen flohen, sofern sie dazu in der Lage waren. Arten die nicht über evolutive Anpassungen verfügten, die ihnen halfen sich in Sicherheit zu bringen, starb aus.
Wie kamen Pflanzen über Ozeane, bevor es Menschen gab?
- Flugsamen
- Fahrgäste auf Tieren bzw. durch Vögel
- schwimmend (wasserfeste Samen), Totholz nimmt auch oft Tiere als Fahrgast mit
- alle entlegenen Inseln sind Beweis dafür, dass diese Verbreitung durch Tiere und Flugsamen gut funktioniert.
Woher kommen die wichtigsten Kulturpflanzen? (Auswahl)
Schon zu prähistorischen Zeiten wurden Pflanzen durch den Menschen verbreitet. Mit dem beginnenden Ackerbau und zur Römerzeit wurden viele Pflanzen verstärkt aus dem mediterranen und westasiatischen Raum in Mitteleuropa eingeführt oder entstanden aus verschleppten Arten neu. Als Menschen anfingen sesshaft zu werden und vermehrt Lebensmittel anzubauen begannen sie auch schrittweise mit Schiffen die Erde zu erkunden. Mit dem berühmten Entdecker Christoph Kolumbus kam 1492 das erste Schiff von Europa nach Amerika (Ureinwohner kamen über vormalige Landbrücke nach Amerika). Dieses Schiff mit Kolumbus an Bord brachte Lebensmittel nach Europa und kennzeichnete den Beginn des interkontinentalen Austausches der Pflanzen und Tiere durch den Menschen.
Viele dieser „alten“ Wild- und Kulturpflanzen werden mittlerweile als heimisch bzw. eingebürgert betrachtet: Obstbaumarten wie Apfel, Birne und Zwetschke gehören dazu, Getreide wie Weizen und Gerste und typische Begleitpflanzen des Ackerbaues wie Klatsch-Mohn (Papaver rhoeas) und die Kornrade (Agrostemma githago) von denen viele inzwischen auf der Roten Liste der gefährdeten Arten stehen.
Amerika
- Mittel- und Südamerika: Tomate, Pfefferoni, Chili
- Südamerika: Ananas (gibt es heute nicht mehr wild), Kartoffel
- Zentralmexiko: Mais
Asien
- Indien: Gurke, Mango (bis Myanmar, auch Borneo), Mango (auch Malaiische Halbinsel), Basilikum
- Zentralasien (alle -istans): Zwiebel (gibt es heute nicht mehr wild), Mandel
- Südwestasien (arabische Halbinsel): Blattspinat, Knoblauch
- Zentral- und Westasien (alle -istans und arabische Halbinsel): Apfel
- Armenien: Marille
- Nördliches Eurasien: Preiselbeere
- Kaspisches Meer: Zwetschke
- Südostasien: Banane (Hauptproduzent: Indien, Hauptexporteur: Ecuador, Hauptimporteur: USA)
- Ostasien (Mongolei, China, Japan, Korea): Zuckerrohr
- Südasien (Afghanistan bis Indien): Sesam
- Irak: Weizen
Afrika
- Ägypten: Salat
- Äthiopien, Sudan: Kaffee (Arabica-Kaffee, älteste Art, Hauptproduzent: Brasilien)
Mittelmeerraum
- Olivenbaum, Rucola, Artischocke, Zitrone, Oregano, Petersilie
Neophyten – ist das gut oder muss das weg?
Die Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus im Jahr 1492 gilt als Stichjahr für die Trennung dieser Zuwanderer in alteingesessene Pflanzen und in neue Pflanzen, die Neophyten. Auch viele Pflanzen, die sich erst nach dem 15. Jahrhundert in Mitteleuropa etabliert haben, sind inzwischen ein wichtiger Bestandteil der heimischen Flora und somit eine Bereicherung der Artenvielfalt geworden: Sonnenblumen, Mädchenaugen, Ananas-Erdbeere, Erdäpfel, Fisolen und Paradeiser.
Leider sind einige davon auch wieder im Verschwinden begriffen. Wie etwa die Weinberg-Tulpe (Tulipa sylvestris), bei der sich Wien und Niederösterreich 90% der österreichischen Vorkommen teilen.
Die Hälfte der pflanzlichen Zuwanderer ist mit Absicht vom Menschen übersiedelt worden. Viele kamen als Zierpflanzen auf unseren Kontinent, weitere kamen als Nutzpflanzen für die Land- oder Forstwirtschaft dazu. Die andere Hälfte ist als blinder Passagier zu uns gekommen: Über den Transport (z.B. Samen in Reifen-Profilen), Personen- und Warenverkehr sowie als Saatgut- oder Vogelfutter-“Begleiter“.
Invasive Neophyten
0,1% von diesen „neuen“ Arten haben unerwünschte Auswirkungen. Diese Arten sind meist sehr ausbreitungsstark und können innerhalb von kurzer Zeit Dominanzbestände bilden und somit die heimische Vegetation verdrängen. Deshalb werden diese Pflanzen als invasive Neophyten bezeichnet, als eindringende neue Pflanzen. Sie produzieren dafür entweder sehr viele Samen oder bilden weitreichende Wurzelausläufer. Zum Beispiel bilden Staudenknöteriche, Riesen-Bärenklau und Drüsiges Springkraut Bestände an Flussufern und verdrängen dort die heimischen Hochstaudenflure. Die Robinie (Robinia pseudoacacia) etwa verändert auch den Standort nachhaltig durch Düngung. Als Leguminose hat sie die Fähigkeit, mit den Knöllchenbakterien an ihren Wurzen Stickstoff zu produzieren. Auf nährstoffarmen Standorten wie z.B. den ökologisch wertvollen Trockenrasen werden die typischen Trockenrasenpflanzen (wie Küchenschelle oder Adonisröschen) auf diese Weise verdrängt und nährstoffliebende Pflanzen können sich ansiedeln. Viele der invasiven Neophyten haben auch ökonomische Auswirkungen, z. B. können Götterbäume Gebäudeschäden verursachen und Staudenknöteriche die Erosion von Ufern verstärken. Einige wenige Neophyten haben auch gesundheitliche Auswirkungen, z. B. der Riesen-Bärenklau und die Ambrosia-Arten.
Einige dieser neuen Pflanzen mit starken Ausbreitungstendenzen haben den Sprung als Zierpflanze aus privaten Hausgärten in die freie Natur geschafft. Daher ist es sinnvoll ein Auswildern besonders dieser Arten über den Gartenzaun zu verhindern. Andere sind gezielt als Bienenfutterpflanzen ausgesät worden. Generell sollte auf Pflanzen, die als invasiv eingestuft werden, im Garten verzichtet werden. Falls diese Pflanzen schon im Garten vorhanden sind, sollte zumindest ein Ausbreiten in die freie Natur verhindert werden. Bei einigen wenigen Pflanzen ist sogar das Entfernen aus dem Garten empfehlenswert. Eine Ausbreitung unerwünschter Pflanzen über den Gartenzaun durch Samen oder Wurzelausläufer lässt sich folgendermaßen verhindern: Verblühtes sofort abschneiden und nicht auf den Komposthaufen geben (Möglichkeit der Nachreife der Samen!). Auch Wurzelstücke von z.B. Knöterich und Goldrute gehören nicht auf den Komposthaufen (könnten wieder austreiben). Samenstände und Wurzelteile werden am besten über die Biotonne entsorgt. Und: Gartenabfälle dürfen generell nicht in der freien Natur deponiert werden.
Durch die fortschreitende Globalisierung werden in den nächsten Jahrzehnten zunehmend mehr Neophyten eingeführt oder eingeschleppt werden. Der Klimawandel begünstigt die Ansiedlung und Ausbreitung von wärmeliebenden Arten. Um zunehmende Schädigungen der Biodiversität zu verhindern, ist ein bewussterer Umgang mit Neophyten nötig.
Quellen und weiterführende Informationen invasive Neophyten:
Essl, F., Klingenstein, F., Nehring, S., Otto, C., Rabitsch, W. et al. (2008): Schwarze Listen invasiver Arten – ein Instrument zur Risikobewertung für die Naturschutz-Praxis. – Natur und Landschaft 83, 9/10: S. 418–424.
Kowarik, I. (2010): Biologische Invasionen: Neophyten und Neozoen in Mitteleuropa. Ulmer, Stuttgart 492 S.
de.wikipedia.org/wiki/Neobiota